Meine Lieben,
Ich werde Euch wie gewohnt den Brief von Agnes wieder abschreiben. Danach gebe ich Euch noch ein paar Einblicke aus den Kriegsgeschehen im Dezember 1944.
Es ist der einzige Brief aus Dezember 1944. Es geht auf Weihnachten zu und die Zeit ist auch sehr stressig und ereignisreich. Ich werde Euch bis Februar 1945, wo wir wieder einen Brief von Agnes vorliegen haben, mit einer außergewöhnlichen realen Geschichte, die Wartezeit verkürzen. Ihr werdet dann auch verstehen, warum Agnes so lange nichts von Alfons gelesen hat....
Ich wünsche Euch aber jetzt schon eine schöne Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest. Kommt auch gut ins Neue Jahr.
Vierzehnter Brief
Verl, den 3.12.44.
Mein lieber Alfons!
Nun ist heute schon der erste Adventssonntag. Das erste Licht am Adventskranz ist angezündet. Meine Schwester übt schon Weihnachtslieder am Klavier. Meine libe Mutter sitzt im Sofa und betet aus dem Gesangsbuch. Vater hat sich in einen Sessel gesetzt und ist mittlerweile schon eingeschlummert.
Und ich weiß nun im Kreise meiner Lieben nichts besseres zu tun, als Dir einen lieben Gruß in die weite Ferne zu schicken. Heute morgen habe ich einen Brief, den ich gestern geschrieben hatte, abgeschickt. Ich habe so weit es mir möchlich ist, an Dich geschrieben. Hoffentlich bekommst Du auch all meine Briefe. Wenn Du meine Päckchen erhalten hast, schreib mir dich bitte sofort. Ich bin ja so gespannt, ob Du wohl etwas davon bekommst. Es wäre ja schade, um die schönen Sachen.
Heute morgen war ich wieder zur Post und noch einmal vergebens. Es (ist) sind heute vierzehn Tage, daß ich von Dir keine Post mehr bekommen habe. Das wird wahrscheinlich wohl an den unregelmäßigen Verkehr liegen. Denn ich hoffe doch, daß Du in der langen Zeit öfter geschrieben hast. Hoffentlich geht es Dir noch gut. Bei mir ist dasselbe der Fall. Nur des Sonntags ist es mir furchtbar. Immer alleine. Wie schön war es
doch wenn wir zusammen waren. Wie oft habe ich mir die schöne Zeit zurückgewünscht. Doch wird auch dieses mal geschehn. Wenn unser Herrgott Deine Schritte richtig lenkt, werden wir uns einmal wiedersehn. Denn so lange wird doch dieser fürchterliche Krieg nicht mehr dauern. Gestern war mein Bruder auch für einen Tage in Urlaub. Der ist noch immer in Herford. Er sagt, daß es dort ganz schrecklich aussehe. In der ganzen Stadt kein Haus, welches noch unbeschädigt wäre. Die Kaserne, in der er liegt, hat auch einen Volltreffer bekommen. Und zwar eine Luftmine. Zum Glück waren alle Mannschaften im Gelände gewesen. Sonst hätte es auch ein Massengrab gegeben. Hoffentlich läßt uns der Tommy hier in Ruhe und Frieden. Trotz des stürmischen und regnerischen Wetters, kommen die Flieger Tag und Nacht. Nun, lieber Alfons, will ich schnell schlafen gehen, sonst höre ich den Alarm noch. Ich wünsche Dir eine gute Nacht und grüße Dich recht herzl. als Deine Dichl. Agnes.
Einen recht lieben Gruß von meinen lb. Eltern u. Paula.
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Kriegsgeschehnisse Dezember 1944
- 3. Dezember - Der deutsche Führer und Reichskanzler Adolf Hitler erlässt eine Verfügung über die neuen militärischen Aufgaben des Reichsarbeitsdienstes, der zukünftig einen Teil der bisher vom Ersatzheer durchgeführten militärischen Ausbildung übernehmen soll.
- Die deutsche Wehrmacht räumt ihre Stellungen bei Venlo (Niederlande).
Die nördliche Altstadt von Heilbronn nach dem Bombenangriff. Quelle |
- 4. Dezember - Adolf Hitler empfängt Ferenc Szálasi, der seit dem Putsch vom 15. Oktober unter deutschem Schutz Staatschef von Ungarn ist, zu einer Unterredung über Fragen der militärischen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit beider Länder.
- Bei einem Angriff der britischen Luftwaffe in der Nacht vom 4. auf den 5. Dezember auf Heilbronn wird die Altstadt nahezu völlig zerstört. 7147 Menschen finden den Tod.
- Ein polnisches Sondergericht in Lublin verurteilt fünf Funktionäre des am 23. Juli befreiten Konzentrationslagers Majdanek zum Tode. Sie werden für die grausame Massenvernichtung von rund 1,5 Millionen Menschen mitverantwortlich gemacht.
- 5. Dezember - Britische Truppen ziehen in Ravenna ein und werden von der italienischen Bevölkerung mit Begeisterung begrüßt.
- Alle deutschen Frauen über 18 Jahren werden zur aktiven Verteidigung des Deutschen Reiches aufgerufen. Die NS-Frauenführerin Gertrud Scholtz-Klink gibt dazu die Parole aus: “Hilf dir selbst, so hilft dir Gott”.
He 162 - Salamander (Bild Wikipedia) |
- 6. Dezember - Der einstrahlige Düsenjäger Heinkel “He 162”, der den Beinamen “Salamander” trägt, startet in Wien zu seinem ersten Probeflug. Die Maschine soll serienmäßig produziert werden und die alliierten Bombenangriffe stoppen. Sie kommt jedoch wegen des Treibstoffmangels vor Kriegsende nicht mehr zum Einsatz.
- 7. Dezember - Im Deutschen Reich wird ein “Tag des deutschen Eisenbahners” abgehalten. Zu diesem Anlass wird acht Eisenbahnern das Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern verliehen.
Friedrich Paulus
(Wikipedia)
- 8. Dezember - Das im Vorjahr in der UdSSR gegründete “Nationalkomitee Freies Deutschland” das auf einen Sturz des NS-Regimes hinarbeitet, fordert das deutsche Volk auf, den Krieg zu beenden. Die Proklamation trägt die Unterschriften von 50 kriegsgefangenen deutschen Generälen, darunter auch der ehemalige Oberbefehlshaber der 6. deutschen Armee, Generalfeldmarschall Friedrich Paulus.
- 9. Dezember - In Washington wird amtlich bekanntgegeben, dass die US-amerikanischen Streitkräfte seit Beginn des Krieges 13.418 Flugzeuge verloren haben.
Otto Hahn (Quelle) |
- 10. Dezember - Der neuntägige Besuch des Ministerpräsidenten der “Provisorischen Französischen Regierung”, Charles de Gaulle, beim sowjetischen Partei- und Staatschef Josef W. Stalin in Moskau endet mit der Unterzeichnung eines französisch-sowjetischen Bündnisvertrages.
- Adolf Hitler verlegt sein Hauptquartier in den Taunus, um die Westoffensive zu planen.
- Der Nobelpreis für Chemie des Jahres 1944 wird dem deutschen Chemiker Otto Hahn für die Entdeckung der Kernspaltung zugesprochen.
- 11. Dezember - Alliierte Bomberverbände fliegen einen schweren Angriff auf Frankfurt am Main.
- Zum dritten Jahrestag des deutsch-italienisch-japanischen Waffenbündnisses wenden sich die Außenminister der Regierungen in Berlin, Salò und Tokio über Rundfunk an ihre Völker.
- 12. Dezember - In Wien beginnt der dritte Kongress der “Union Nationaler Journalistenverbände”. Vertreter aus 22 Nationen debattieren drei Tage lang über allgemeine Fragen des “Weltkampfes” und über eine “Neugeburt Europas”.
- 13. Dezember - Die deutschen Verbände ziehen sich angesichts der Angriffe alliierter Truppen aus dem Nordelsass zurück.
- Die Artillerieschlacht um die ungarische Hauptstadt Budapest erreicht ihren vorläufigen Höhepunkt. Von Norden, Osten und Süden feuern sowjetische Truppen aus rund 10.000 Geschützen ununterbrochen Granaten in die deutschen Befestigungsanlagen.
Filmplakat (Quelle) |
- 15. Dezember - Der britische Premierminister Winston Churchill unterstützt in einer Rede vor dem Unterhaus in London die sowjetischen Gebietsforderungen gegen Polen und dessen damit einhergehende Westverschiebung.
- Helmut Käutners Spielfilm “Große Freiheit Nr. 7”, eine Geschichte aus dem Hamburger Hafen- und Nachtlokalmilieu mit Hans Albers als Hauptdarsteller, wird in Prag uraufgeführt, nachdem Reichspropagandaminister Joseph Goebbels den Film für das Deutsche Reich verboten hatte. Vorführungen sind nur im Ausland einschließlich des Protektorats Böhmen und Mähren zugelassen.
- 16. Dezember - Die Ardennenoffensive, der letzte, vergebliche Versuch der Deutschen, den Ring der Alliierten im Westen zu durchbrechen, beginnt.
- Ein einmotoriges US-Flugzeug, in dem sich der bekannte Posaunist und Leiter der US-Luftwaffen-Big-Band, Glenn Miller, befindet, stürzt über dem Ärmelkanal ab. Der Musiker und sieben weitere Insassen kommen ums Leben.
Glenn Miller (Quelle) |
Joachim „Jochen“ Peiper (Wikipedia) |
- 17. Dezember - Ein schwerer Angriff der britischen Luftwaffe auf München fordert insgesamt 562 Menschenleben.
- Eine Kampfgruppe der 1. SS-Panzerdivision “Leibstandarte Adolf Hitler” unter Obersturmführer Jochen Peiper eröffnet bei Malmedy in Belgien das Feuer auf eine Abteilung gefangener und z.T. verwundeter US-amerikanischer Soldaten. 71 Personen werden getötet.
- In der Wüste des US-Bundesstaates Utah beginnt eine Bombereinheit der US-Luftwaffe mit Probeflügen und Abwurfübungen für den Einsatz der in den USA entwickelten Atombombe.
- 18. Dezember - Das deutsche Linienschiff “Schleswig-Holstein” wird im Hafen von Gotenhafen (Gdingen) von alliierten Bomben getroffen und brennt aus.
Linienschiff Schleswig-Holstein (Quelle) - Adolf Hitler stiftet eine neue militärische Auszeichnung, den “Warschau-Schild”, als Kampfabzeichen für alle, die in der Zeit vom 1. August bis zum 2. Oktober an den “Kämpfen in Warschau ehrenvoll beteiligt waren”.
- In Wien wird das “Provisorische Österreichische Nationalkomitee” gegründet, in dem die verschiedenen Widerstandsgruppen des Landes organisatorisch vereinigt werden.
Filmplakat (Quelle) |
- 19. Dezember - Aus London kommen neue Meldungen über Rudolf Heß, den ehemaligen Stellvertreter des deutschen Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler, der 1941 als selbsternannter Friedensbote nach Großbritannien geflogen war und seitdem dort interniert ist. Der Geisteszustand von Heß soll sich in letzter Zeit stark verschlechtert haben, er leidet an Neurosen und Verfolgungswahn.
- Der unter der Regie von Heinz Rühmann gedrehte deutsche Spielfilm “Der Engel mit dem Saitenspiel” mit Hertha Feiler, Susanne von Almassy und Hans Nielsen wird in Berlin uraufgeführt.
- 20. Dezember - Die Evaluierung eines Großteils der Bevölkerung von Trier gemäß einem Erlass vom 25. Oktober ist abgeschlossen. Von den ursprünglich rund 85.000 Einwohnern sind nur noch 3.000 in der Stadt.
- 21. Dezember - Britische Flugzeuge bombardieren Eisenbahnanlagen in Köln und Bonn.
- Von 13 deutschen Offizieren, die aus einem Kriegsgefangenenlager in Penkridge (Großbritannien) ausbrechen, werden zwölf noch am gleichen Tag wieder gefangengenommen. Einem der Wehrmachtsangehörigen gelingt die Flucht.
- 24. Dezember - Weihnachten - Der Heilige Abend im sechsten Kriegsjahr wird in weiten Gebieten des Deutschen Reiches vom Heulen der Sirenen und in den Grenzgebieten vom Schlachtenlärm begleitet. Die noch nicht zerstörten Kirchen sind überfüllt.
- Das US-Kriegsdepartement teilt mit, dass seit der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni bis zum Heiligen Abend 800 000 deutsche Soldaten gefangengenommen wurden.
Volksturm feiert Weihnachten (Quelle) |
- 25. Dezember - Der deutsche Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt erklärt die deutsche Ardennenoffensive für gescheitert. Führer und Reichskanzler Adolf Hitler fordert jedoch, das aussichtslose Unternehmen fortzusetzen.
- US-amerikanische Kampfflugzeuge greifen Brücken und Eisenbahnlinien im Gebiet von Koblenz und Bonn an.
- 26. Dezember - Alliierte Luftstreitkräfte unternehmen von Frankreich aus einen Angriff auf die deutschen Treibstoffwerke in Schlesien.
Zeitschrift "Das Reich" - (Quelle)
- 28. Dezember - In der deutschen Wochenzeitschrift “Das Reich” nimmt Reichspropagandaminister Joseph Goebbels Stellung zu den Gerüchten über die Ursachen für das Ausbleiben von öffentlichen Auftritten des deutschen Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler. Er bezeichnet Hitler nach wie vor als die größte Persönlichkeit, die derzeit Geschichte mache, und weist darauf hin, dass er auch durch den Krieg nicht “älter” geworden sei.
- 29. Dezember - Starke US-Luftverbände greifen von Italien aus Ziele in Süddeutschland und Österreich an. Bombardiert werden vor allem Eisenbahn- und Industrieanlagen.
Martin Bormann (Wikipedia) |
- 31. Dezember - Silvester - Martin Bormann, “Sekretär des Führers”, weist darauf hin, dass alle im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten beschlagnahmten Kunstwerke bei den Sachbearbeitern von Führer und Reichskanzler Adolf Hitler anzumelden seien, da dieser in Linz ein Museum errichten wolle.
- Die deutsche Waffen-SS zählt Ende des Jahres 1944 fast eine Million Mitglieder.
So, meine Lieben, das war es mit dem Jahr 1944.
Eine tolle Zeit Euch und bis bald.
Ach ja, die kommende Geschichte ist von Alfons niedergeschrieben... Bleibt gespannt... Es ist ein einmaliges Vermächtnis, welches ich mit Euch teile.
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