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Sonntag, 25. September 2016

Kapitel 1 - Kennenlernen und Einberufung (1942 - 1944)

Wie haben sich Agnes und Alfons kennengelernt haben


Meine Lieben,

Wie sich die zwei Liebenden tatsächlich kennengelernt haben, können wir nicht mehr in Erfahren bringen. Ihre Kinder haben mir aber auf diese Fragen Antworten gegeben, die ich nun zusammen gefasst habe.
Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst v.l.n.r.
Bild-Quelle

Wir nehmen das Jahr 1942. Es gab keine Aussicht auf Frieden - der Zweite Weltkrieg war in vollem Gange. Es war das Jahr in dem Rostock vollständig von den Alliierten zerstört wurde, die Gründungserklärung der Vereinten Nationen durch 26 Staaten in Washington D.C unterzeichnet wurde und der US-amerikanische Propaganda-Film "Casablanca" ins Kino kam. In diesem Sommer, wo sich unsere Liebenden fanden, wurde auch die Widerstandsgruppe "Weiße Rose" in München gegründet. Ihr gehörten u.a. die Geschwister Scholl (Hans und Sophie) an. (Quelle)

Das Amt Verl blieb bis auf einen Fall 1938 weitgehend vom Krieg unberührt. Erst im April 1945 erreichten Amerikanische Truppen Verl und verkündeten das Kriegsende und befreiten jüdische Gefangene in Kaunitz. (Quelle Stadtgeschichte Verl)

Aus dem Prolog wissen wir, dass Agnes in der Bäckerei ihrer Eltern arbeitete. Diverse Male traf sie morgens einen jungen Mann, der in der Bäckerei Brötchen holte. Agnes war gerade mal 17 Jahre, aber dieser Mann schien ihr nicht mehr aus dem Kopf zu gehen. Sah er sie doch immer so verlegen an. Da sind die ersten Funken übergesprungen.


Agnes im Garten
Alfons Weihnachten 1941
Alfons war ein Jahr älter als seine Auserwählte. Er war im letzten Lehrjahr beim Verler Spar- u. Darlehnskassen-Verein und sollte im November bei einer Firma für Holz- und Grubenarbeiten in Gütersloh anfangen. Die Familien trafen sich damals auch oft Sonntags in der Kirche. Schließlich war Alfons meist am Wochenende zuhause. So kam man immer wieder ins Gespräch.
Die Strecke von Bornholte/Verl nach Gütersloh wurde überwiegend mit Zug bewältigt. Automobile konnte man sich in der damaligen Zeit nicht oft leisten und wenn dann kosteten sie so viel Unterhalt, dass das "Gefährt" selten benutzt wurde.
Erste Annäherungen zwischen Agnes und Alfons geschahen im Sommer auf dem Heimweg von einem Fest. Wie es sich gehörte, begleitete Alfons seine Agnes nach Hause - wobei man eigentlich sagen muss, dass sie mit ihm spazieren ging. Sie wohnte schließlich in Verl und sie gingen Richtung Bornholte, Alfons' Zuhause. (Wir denken es könnte ein Schützenfest gewesen sein, dennoch waren diese aufgrund des Krieges verboten. Zumal viele Männer in den Wehrdienst berufen worden waren.)
Jedenfalls stand plötzlich eine alte Badewanne am Weg, unweit vom elterlichen Hof von Alfons. Sie ließen sich auf dem Rand der Wanne nieder und unterhielten sich. Alfons war zunächst recht schüchtern und zurückhaltend. Doch irgendwann wurde seine Geduld mit einem zarten ersten Kuss von Agnes belohnt.

Von da an nahm diese Liebesgeschichte seinen Lauf.

Man feierte gemeinsam Geburtstage und verbrachte Zeit miteinander, wenn sich die Gelegenheit ergab. Immer unter den wachsamen Augen der Eltern. Aber auch stets mit einer gewissen Angst und Unsicherheit, dass Alfons vielleicht doch noch in den Krieg geschickt werden muss.
Am 23. August flogen die Deutschen einen massiven Luftangriff auf Stalingrad. Dies führte zur völligen Zerstörung der Stadt und zum Tod von tausend Zivilisten. (Quelle) 


Mitteilung Einweisung Alfons ins Krankenhaus Münster
Am 24. April 1942 erreichte die Familie schon einmal eine Hiobsbotschaft: Alfons wurde ins Standortlazarett nach Münster (Westf.) eingeliefert. Glücklicherweise war Alfons' Zustand nicht so dramatisch und eine weitere Nachricht von ihm selbst bestätigte, dass es nicht ganz so ernst um ihn stand. 
Früher wurden die meisten Krankenhäuser zu Standortlazaretten umfunktioniert - es herrschte schließlich immer noch Krieg.

Münster, den 25.4.42. 
Nachricht von Alfons aus Münster 
Liebe Eltern!
Möchte Euch kurz mitteilen daß ich krank bin und ins Standortlaz. eingeliefert wurde. Da ich noch Fieber habe und noch nicht aufstehen darf, kann ich selbst nicht schreiben. Ihr braucht Euch aber deswegen keine Sorgen machen. Falls Ihr Zeit habt, könnt Ihr mich ja mal besuchen kommen. Mit vielen Grüßen Euer Alfons
Bitte keine Lebensmittel mitbringen.

Euer Paket heute erhalten.
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Scholl-Denkstätte, München 
 1943 brachte Verl und Bornholte nur schlechte Nachrichten vom Krieg. Es war ein schreckliches Jahr und der Widerstand wurde immer größer. 
  • Erste deutsche Einheiten kapitulierten - am 31. Januar im Südkessel eingeschlossenen Einheiten in der Schlacht um Stalingrad und am 2. Februar die Deutsche 6. Armee im Nordkessel bei Stalingrad, mit fast Tausend in sowjetische Gefangenschaft geratenen Soldaten. 
  • Die Geschwister Scholl wurden am 18. Februar bei der Verteilung von Flugblättern an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) verhaftet und schließlich mit Freund Christian Probst vier Tage später hingerichtet. 
Zerstörte Möhnetalsperre
Bild-Quelle
  • Am 19. April brach der Aufstand der Juden im Warschauer Ghetto aus. 
  • Knapp vier Wochen später, am 16. Mai, wurde dieser Aufstand mit der Sprengung der Synagoge von den Deutschen niedergeschlagen. Der Abtransport fast einer halben Million Juden in die Konzentrationslager begann.
  • Am 17. Mai wurde die Möhnetalsperre im Sauerland durch britische Bombenangriffe zerstört. Etwa 1600 Menschen verloren durch die Flutwelle ihr Leben.
  • Ende Juli wurde Hamburg unter der "Operation Gomorrha" von Britischen und Amerikanischen Bombenangriffen dem Erdboden gleich gemacht. Der Link enthält ein Video, in dem der Angriff auf Hamburg in Bildern und O-Tönen zusammengefasst wird. Nur wer wirklich damit umgehen kann, sollte sich das Video ansehen.
  • Alliierte Bomber flogen am 13. August einen Angriff auf die Flugzeugwerke in Wien-Neustadt (Österreich) - es waren zu diesem Zeitpunkt die größten im Reich.
  • Das Konzentrationslager Kauen wurde am 15. September in Betrieb genommen.
  • Die Stadt Kassel wurde größtenteils durch einen britischen Bombenangriff am 22. Oktober zerstört. Tausende Menschen starben im Bombenhagel oder erstickten in Bunkern.
  • Vom 28. November bis 1. Dezember fand die Konferenz über die Neuordnung Europas nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges in Teheran statt.
Das Jahr brachte aber auch etwas Schönes...
Am 6. April erschien erstmals "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry in New York. Le Petit Prince (Originaltitel) ist eine mit eigenen Illustrationen versehene Erzählung, die nachhaltig die Herzen der Menschen in der ganzen Welt erobert hat.

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Mit Beginn des Jahres 1944 erreichte der Zweite Weltkrieg unwiderruflich seine Endphase, auch wenn er noch nicht ganz ausgefochten war. Der kriegerische Alltag hatte die Weltbevölkerung fest im Griff. In Deutschland konnte nicht mal die "Die Feuerzangenbowle" für Heiterkeit sorgen. Agnes und Alfons mochten diesen Film mit Heinz Rühmann sehr. 


Claus Schenk Graf von Stauffenberg
(Bild Wikipeadia)
Beinahe täglich rückten die Alliierten überall weiter vor. Aber auch die Rote Armee zog stetig weiter gen Westen. Im März wurde innerhalb von vier Tagen Frankfurt am Main mit der Paulskirche und der Katharinenkirche zerstört. Von Mai bis Juli wird die von der SS angelaufene Liquidierung des sogenannten Zigeuner-Lagers, aufgrund der Erhebung der Sinti und Roma, im KZ Auschwitz-Birkenau (Polen), abgebrochen. Rom war kampflos an die Alliierten im Juni gefallen. Im selben Monat war die deutsche Heeresgruppe Mitte vollständig aufgerieben worden und zusammengebrochen.
Am 20. Juli scheiterte das Bombenattentat auf Adolf Hitler durch Graf von Stauffenberg. Er war als Stabschef beim Befehlshaber des Ersatzheeres entscheidend an der anschließenden „Operation Walküre“ beteiligt, dem Versuch eines Staatsstreiches. Nach dessen Scheitern wurde er auf Befehl von Generaloberst Friedrich Fromm am 21. Juli kurz nach Mitternacht im Hof des Berliner Bendlerblocks standrechtlich erschossen.

Einberufung zur Wehrmacht


Durch den immer größer werdenden Widerstand und dem Durchbruch an der deutschen Westfront geriet Hitler in "die Bredouille". Amerikanische und französische Verbände rückten immer näher.
Einberufungsbescheid (Original)

Am Mittwoch, den 16. August 1944 wurde somit auch Alfons zum 25. August in die Wehrmacht einberufen. 

Alfons sollten gerade mal sieben Tage bleiben um seine Sachen zu packen und sich von seiner Familie zu verabschieden. Seiner Freundin Agnes blieben nur die wenige Fotos. Wann der richtige Bescheid aus Bielefeld kam ist leider nicht bekannt.

Die "normale" Grundausbildung hatte er bereits hinter sich. Die militärische Grundausbildung am Gewehr dauerte jetzt "nur" noch sechs Wochen. Die Zeit musste für die Truppen verkürzt werden. Von Münster und Bielefeld über Hannover und Berlin sollte es dann an die Ostfront nach Polen gehen. Alfons gehörte dem 6. Wehrkreis an und war Anfang Dezember mit seiner Kompanie in Jaworzno (Polen) stationiert, von wo es dann weiter nach Vranow (Slowakai) ins Gefecht ging.

Mit der Aufstellung des sogenannten "Volkssturms" wurden im September auch Jugendliche und Senioren einberufen. Hitler mobilisierte damit die letzten Truppen aufgrund des Einmarsches in Ungarn. Glücklicherweise war Alfons' Bruder Hubert zu jung und sein Vater, aufgrund des Betriebes, unabkömmlich. 






Was in den folgenden Monaten an der Front und bei Agnes in Verl passierte, erzählen uns die Briefe von Agnes in den nun kommenden Kapiteln. Bleibt also weiterhin gespannt!


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